Depression

„Depression ist die Belohnung für jahrelanges Bravsein.“

Hauptsymptome einer depressiven Störung sind gedrückte Stimmung, Freude- und Interesselosigkeit und Antriebslosigkeit.
Weitere Symptome sind Minderwertigkeitsgefühle, Konzentrations-, Schlaf- und Appetitstörungen, Schuldgefühle, Hoffnungslosigkeit, Sinnlosigkeit und innere Leere bis hin zu Selbstmordgedanken.
Viele dieser Symptome treten auch bei gesunden Menschen zeitweise auf. Bei einer Depression sind sie jedoch länger vorhanden, schwerwiegender ausgeprägt und senken deutlich die Lebensqualität.

Häufigkeit:

Die WHO geht davon aus, dass weltweit ca. 322 Millionen Menschen von Depressionen betroffen sind (WHO, 2017). Das wären mehr als 4,4% der Weltbevölkerung und 18% mehr als zehn Jahre zuvor. Für Deutschland schätzt die WHO die Zahl der Menschen mit Depressionen auf 4,1 Millionen, 5,2% der Bevölkerung. Diese Schätzungen gehen auf eine Studie zurück, die in mehreren europäischen Ländern parallel durchgeführt wurde (Alonso et al., 2004).

(aus: Robert Koch-Institut zum Weltgesundheitstag 2017: Daten und Fakten zu Depressionen)

Falls Sie also unter Depressionen leiden: dann stehen Sie auf jeden Fall nicht alleine da.
In meiner langjährigen Tätigkeit in der stationären Psychosomatik war Depression immer die Diagnose Nr. 1.

Formen:

Eine depressive Störung besteht aus einer Ansammlung von Symptomen, die viele verschiedene Ursachen und Gesichter haben können. Daher sollte sowohl das ärztliche als auch das psychotherapeutische Vorgehen sorgfältig und individuell angepasst sein.

Meine Erfahrung ist, dass diejenigen Menschen, die von ihrer Persönlichkeitsstruktur depressive Züge mitbringen, oft sehr große menschliche Qualitäten haben. Sie sind immer nett und einfühlsam, immer hilfsbereit, immer verfügbar, immer loyal. Diese Fähigkeiten wurden oft schon früh in der eigenen Lebensgeschichte entwickelt, waren vielleicht sogar überlebensnotwendig.
Da diese Menschen aber oft auch sehr nähe- und harmoniebedürftig sind, kommen sie leicht in eine Position, wo sie sich von anderen ausnutzen lassen. Mein früherer Chef, Herr Dr. Dogs, formulierte das treffend so: „Everybody’s darling is everybody’s Depp.“ Oder anders ausgedrückt: Depression ist die Belohnung für jahrelanges Bravsein. Allerdings nur gegenüber anderen, nicht zu sich selbst. Denn wegen ihres niedrigen Selbstwertgefühls kehren die Betroffenen bei unvermeidbar entstehenden zwischenmenschlichen Konflikten und Überforderungen ihren – berechtigten – Ärger, Frust oder Traurigkeit gegen sich selbst. So werden sie sich selbst der beste Feind. Sie werden geradezu Experten in Selbstkritik, -verurteilung und -entwertung, in Selbstvorwürfen und Festhalten am Opferdenken.

Die Depression kann also eine Flucht aus dieser „Falle“ sein, immer ja sagen zu „müssen“: ein indirektes „Nein“, ein unbewusstes Abgrenzungsmanöver, ein „Totstellreflex“. Leider verbunden mit hohen Kosten.

Natürlich gibt es auch andere Dynamiken. So erleben Menschen z.B. nach dem Verlust eines nahen Angehörigen mitunter eine Trauerphase, aus der sie ohne Hilfe nicht mehr herauskommen. Oder die Depression kann der unbewusste Ausdruck eines großen Bindungs- und Zugehörigkeitsbedürfnisses zu einer wichtigen Bezugsperson sein. Oder darauf hinweisen, dass unser gelebtes Leben im Außen nicht mehr zu unseren inneren Bedürfnissen und Werten passt. Bei mancher Art von Depression können auch organische Ursachen eine große Rolle spielen, wie z.B. Schilddrüsenerkrankungen, oder die depressiven Symptome treten als Nebenwirkungen von Medikamenteneinnahme auf. In diesen Fällen ist die ärztliche Beratung und Behandlung unverzichtbar.

Therapie:

„Die Vergangenheit ist dein Lehrer, nicht dein Gefängnis.“

Glücklicherweise ist die depressive Störung relativ gut behandelbar, insbesondere wenn sie noch nicht so lange besteht und leicht bis mittelgradig ausgeprägt ist. Wichtige Bausteine sind neben einer individuellen Zieldefinition u.a.

  • ein Bewusstmachen, Hinterfragen und Verändern einschränkender Glaubenssätze;
  • das Erarbeiten eines tieferen Verständnisses für die Sinnhaftigkeit der eigenen Symptome;
  • der Aufbau von alternativen Lösungswegen, die mit weniger Kosten verbunden sind;
  • die Verbesserung von Selbstbeziehung, Selbstwertgefühl und Selbstfürsorge;
  • der Aufbau einer regelmäßigen Tagesstruktur mit bewussten angenehmen Tätigkeiten, aber auch Pflichten;
  • bei Bedarf die Verbesserung sozialer Fähigkeiten, insbesondere der Abgrenzungsfähigkeit und der Toleranz von Disharmonie in Beziehungen;
  • und ganz wichtig: regelmäßige körperliche Aktivität.

So kann in der Regel eine schrittweise positive Veränderung in Richtung verbesserter Selbstwahrnehmung und Selbstliebe, mehr Wahlfreiheit, innerer Balance, persönlicher Stärke und Lebensfreude erreicht werden.

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